16.08.2022

Monetäre Unwetterschäden in Deutschland – eine Bilanz

Wabe

Der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) veröffentlichte die Zahlen zur Flutkatastrophe in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz im Sommer 2021: Sie kostete die Versicherer rund 7,5 Mrd. Euro. Davon 5,5 Mrd. allein in Nordrhein-Westfalen.

Aber auch in Bayern kam es im Jahr 2021 zu Unwetterschäden in Höhe von 1,45 Mrd. Euro. Hierbei war besonders die Region Franken um die Städte Hof und Ansbach betroffen. Die Versicherer mussten dreimal so tief in die Tasche greifen wie im Vorjahr, als sich die Verluste auf rund 415 Millionen Euro beliefen.

Die restlichen Bundesländer kamen in 2021 glimpflicher davon und machten zusammen rund 1,3 Euro Mrd. aus. Das bedeutet aber nicht, dass diese zukünftig vor Unwettern wie Starkregen und den Folgen sicher sind.

Laut GDV kam es im Jahr 2021 zu rund 450.000 Schäden in Höhe von 1,7 Milliarden Euro an versicherten Kraftfahrzeugen. Davon wurden rund 1,3 Milliarden Euro auf Kfz-Schäden durch Sturm, Hagel und Blitz. Es handelt sich hier um eine der verheerendsten Unwetterbilanzen seit 20 Jahren. Der deutsche Rückversicherer Munich Re schätzt, dass die nicht versicherte Schäden noch einmal so hoch sein müsste.

Hier sind als Beispiel die Regenmengen der am stärksten betroffenen Gebiete in Nordrhein-Westfalen aufgeführt:

Stadt/Kreis Regenmenge (l/m2)
Märkischer Kreis 182,4
Hagen 175,7
Wuppertal 155,2
Mettmann 152,8
Oberbergischer Kreis 151,5
Köln 149,8
Städteregion Aachen 144,3
Düsseldorf 143,4
Euskirchen 142,3
Kreis Bitburg-Prüm 141,4
Rheinisch-Bergischer Kreis
140,4

 

Quelle: GDV Naturgefahrenreport 2021


Anhand dieser Zahlen lässt sich schon ablesen wie sehr Nordrhein-Westfalen von Starkregen und Überflutungen betroffen war. Und dies war nur ein Ereignis im Jahr 2021.

Eine kleine Grafik zeigt die Veränderung, also den Anstieg der Schadenssummen in den Jahren 2020/ 2021:

 

Vergleich der Unwetterschäden in Mio. Euro (Quelle: GDV)


Ein Faktor: Gebäude empfindlicher als früher

Die Munich Re macht für die immer höheren Unwetterschäden drei Faktoren verantwortlich:

  1. Die Natur, also Häufigkeit und Intensität von Naturereignissen.
  2. Die Sachwerte, denn der Gebäudebestand hat zugenommen und damit die Schadenssummen.
  3. Die Empfindlichkeit der Gebäude. Durch die vermehrte Dämmung und damit weichere Hülle seien Gebäude viel empfindlicher als früher.

Viele nicht versichert gegen Elementarrisiken

Die GDV-Statistik erfasst nur versicherte Schäden, doch nicht alle Gebäude in Bayern sind rundum geschützt. Während fast alle Wohnhäuser gegen Sturm und Hagel abgesichert sind, verfügen in Bayern nur 41 Prozent über den Schutz gegen Elementarrisiken wie Starkregen und Hochwasser. Im Bundesdurchschnitt sind 50 Prozent gegen alle Naturgefahren versichert.

Viele Hausbesitzer sind sich ihrer individuellen Bedrohung durch Naturgefahren nicht bewusst. Zur Einschätzung des eigenen Risikos bietet der GDV den „Naturgefahren-Check“ an. Immobilienbesitzerinnen und Mieter erfahren auf der Onlineplattform, welche Schäden Unwetter in der Vergangenheit an ihrem Wohnort verursacht haben.

Starkregen in Deutschland

Starkregen führte im Sommer 2021 in Europa zu katastrophalen Sturzfluten, die alles mitrissen, egal ob Autos, Wohnwagen oder ganze Häuser. Mehr als 180 Menschen kamen ums Leben. Hohe Schäden entstanden auch an der Infrastruktur wie Bahnlinien, Straßen und Brücken. Die Gesamtschäden lagen bei 46 Mrd. Euro, davon 33 Mrd. Euro in Deutschland. Besonders betroffen war das Ahrtal (Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz), aber auch der Erftkreis (Nordrhein-Westfalen), Teile Mittelfrankens und das Berchtesgadener Land (Bayern). Allerdings war dort nur ein recht geringer Anteil versichert, und zwar rund 11 Mrd. Euro. Bei der Munich Re begründet man dies damit, dass in Deutschland nur wenige Menschen gegen Elementarschäden wie Hochwasser abgesichert seien und es zu hohen Schäden an Bahnlinien, Gas- oder Telefonleitungen kam, die nicht versichert waren. Das lokal so hohe Ausmaß der Zerstörung überraschte selbst die Klimaexperten der Munich Re.

Sommer, Sonne, Überschwemmung in Bayern

Starke Unwetter und Regenfälle hielten die Einsatzkräfte in Niederbayern und der Oberpfalz von Juni bis August 2021 in Atem. Die Stadt Landshut wurde besonders schwer getroffen. Wetterexperten nannten es ein „Jahrhundertereignis“. Im Raum Passau vernichteten Hagelstürme ganze Ernten auf Feldern.

Preisanstieg bei Rückversicherern befürchtet

Die beiden großen deutschen Rückversicherer erwarten deshalb jetzt steigende Preise in ihrer Branche. Verantwortlich ist laut Munich Re und Hannover Rück neben der Flutkatastrophe in Deutschland und mehreren Nachbarländern ein weiterer Faktor: Der Anstieg der Inflationsrate sorge für sprunghaft gestiegene Preise für Baumaterial beim Wiederaufbau zerstörter Häuser. „Die steigenden Preise bei vielen Wirtschaftsgütern und die jüngsten Großschäden sprechen für spürbar steigende Rückversicherungsraten in Europa“, so Munich Re-Vorstandsmitglied Doris Höpke.

In Deutschland sind nur 46 Prozent der Gebäude gegen Überschwemmung durch Hochwasser oder Starkregen versichert.

GDV und Deutscher Wetterdienst erforschen Starkregen

Zurzeit erforschen der GDV (Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V.) und der DWD (Deutscher Wetterdienst) in einem gemeinsamen Projekt, in welchen Gebieten statistisch mehr Niederschlag fällt und welches Schadenpotential dort besteht. Die beiden Partner betreten damit wissenschaftliches Neuland, denn derart detaillierte und belastbare Erkenntnisse über Starkregenrisiken gibt es bisher in Deutschland nicht. Zudem wird mit einem weiteren Partner IAWG (Ingenieurhydrologie, Angewandte Wasserwirtschaft und Geoinformatik) untersucht, welchen Einfluss verschiedene Landformen wie Bergkuppen und Senken haben.

Ranking des Starkregenrisikos, je nach prozentualem Anteil der Starkregengefährdungsklasse (SGK). Sie stellt die Einteilung der Versicherungen nach Wahrscheinlichkeit der Gefährdung dar:

Ranking Stadt SGK 3 (hohe Gefährdung) SGK2 (mittlere Gefährdung) SGK1 (geringe Gefährdung)
1 Wuppertal 13,9 53,2 32,9
2 Freiburg/Breisgau 13,8 79,3 6,9
3 Chemnitz 13,5 68 18,5
4 Hagen 12,7 68,9 18,4
5 Saarbrücken* 12 64,8 23,2
6 Erfurt 12 76,1 11,9
7 Heidelberg 11,1 68,7 0,2
8 Aachen 9,6 65,5 24,8
9 Stuttgart 9,1 69,2 21,8
10 Bremen 9 61,1 29,9
11 Kassel 9 73,4 17,6
12 Dresden 8,8 69,7 21,6
13 Wiesbaden 8,1 74 17,9
14 Bielefeld 7,4 74,3 18,3
15 Karlsruhe 7,1 65,3 27,6

 

Quelle GDV Naturgefahrenreport 2021

Insgesamt lässt sich zusammenfassen, dass die meisten Starkregenereignisse in Bayern stattfanden. Darüber hinaus sind Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen überdurchschnittlich häufig betroffen. Jedes achte Haus in Bayern ist von Starkregen bedroht. 12 (!) Prozent der Wohngebäude fallen in einer Klassifizierung des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) in die höchste Gefahrenklasse. Bayern gliedert sich in 71 Landkreise und 25 Kreisfreie Städte. Von den Landkreisen sind ca. 20 bei Starkregen besonders gefährdet. An vorderster Stelle alle Landkreise entlang den Alpen.

Gesamtanzahl der Niederschlagsstunden mit Überschreitung der Warnschwellen des DWD für Starkregen (und Dauerregen) über den Beobachtungszeitraum der Jahre 2001 bis 2021 auf Basis der stündlichen Niederschlagszeitreihen der RADKLIM-Version 2017.002.:

Geodaten: © GeoBasis-DE / BKG 2020 (Stand: 01.01.2020), Klimadaten und Darstellung: © DWD 2022 (RADKLIM Daten DOI: 10.5676/DWD/RADKLIM_RW_V2017.002)


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